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Jagongan Archipel (2017)

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Das Wirtschaftssystem, was uns umgibt, formt unser tägliches Leben. Ob wir direkt für Geld arbeiten, oder indirekt, durch reproduktive Arbeit, zum Beispiel – wir sind Teil eines größeren Ganzen.

Wir glauben, dass sich die Werte die unser ökonomisches System produziert, welche sich auf Hierarchien, Wettbewerb, Effizienz, und Profitmaximierung stützen, direkt in die sozialen Räume die wir einnehmen übertragen. In diesen sozialen Räumen bilden wir unsere Identitäten. Es wird common sense, die allesumgebenden individualistischen Werte zu leben und zu reproduzieren, und Wünsche und Bedürfnisse derer innerhalb und außerhalb der eigenen Gemeinschaft zu vernachlässigen.





In Yogyakarta haben wir einen Gemeinschaftssinn erfahren wie wir ihn vorher nicht kannten. Also fragen wir uns: Funktionieren Arbeit und Arbeitslosigkeit, soziale Einbeziehung und Ausgrenzung, und die Mechanismen der Wertebildung und Identitätsstiftung hier anders? Bietet der starke Gemeinschaftssinn eine Alternative zu den inhärenten Ausgrenzungsmechanismen unseres ökonomischen Systems? Oder hält der starke Gemeinschafssinn in Yogyakarta eine spezielle Form dieses Systems aufrecht? Wie produziert Arbeit hier Identitäten? Wie produzieren Gemeinschaften individuelle Identitäten? Sind Gemeinschaftssinn und Individualismus in Yogyakarta in Konflikt miteinander? Um diesen Fragen zu begegnen, versuchten wir Menschen und ihren Arbeitsplatz kennen zu lernen. Wir verbrachten eine Woche in einem Batikstudio, wo wir mit einer Gruppe junger Frauen arbeiteten. In unserem zweiten Job, halfen wir in einem Familienbetrieb, einer Holzwerkstatt aus, und bauten gemeinsam einen Ankringan (Kioskwagen).

Ankringan sind sehr präsent im öffentlichen Raum in Yogyakarta. In einer Stadt, in der es fast keinen geplanten öffentlichen Raum gibt, bilden sie temporäre Blasen in denen sich Menschen zu Snacks und süßem Tee treffen und austauschen. Am Jagongan Archipel, dem Wagen den Das Archipel baute, gibt es nichts zu kaufen. Der Wagen bezieht sich auf die soziale Funktion eines Ankringan. Es ist ein Treffpunkt zum Austausch und Versuchsfeld gemeinsam anders zu Produzieren.

Wir zogen mit dem Jagongan Archipel an unterschiedliche Orte im öffentlichen Raum in der Stadt. Wir luden gezielt Gruppen ein – von den jungen Frauen aus dem Batikstudio, zu Organisatoren von Gewerkschaften und Streiks, hin zu Geldeintreibern und einer Gruppe die eine selbstorganisierte Schule betreibt – und richteten uns an Menschen die den öffentlichen Raum nutzen, um Gespräche zu führen. Wir diskutierten über Arbeit, Widerstand, Zukunftsutopien und kollektive Werte und produzierten währenddessen Gegenstände die die Gespräche begleiteten, unterstützen, und versinnbildlichten.

Wir hinterfragten die Art und Weise wie wir arbeiten, und stellten uns alternative Formen von gemeinschaftlichen Produktion vor. Wir versuchten Bilder zu kreieren die existierende Spuren einer alternativen Zukunft aufgreifen – einer Zukunft in der wir leben wollen.

Nuriye Tohermes und Finn Brüggemann sind Teil des Archipel Kollektivs. Sie arbeiteten von September bis Dezember 2017 im Rahmen einer Künstlerischen Residenz im Cemeti Insitute for Art and Society in, Yogyakarta, Indonesien.



Die Praxis von Das Archipel Kollektiv
An das Goethe-Institut JAKARTA

“Das Archipel Kollektiv arbeitet seit 2013 im Feld der Critical Spatial Practice. Die Praxis des Archipel Kollektivs sind Arbeiten im öffentlichen und semi-privaten Raum, die gemeinschaftsbildend wirken. Die Arbeiten sind ortsbezogen. In jedem Projekt wird eine eigene Methodik entwickelt.
Zusammen mit Menschen vor Ort wird ein sozialer Raum erdacht. Während des gemeinsamen Arbeitens entsteht korrelierend konkreter Raum und Gemeinschaft. Der gemeinschaftliche Umgang wird während des Prozesses verhandelt. In der Praxis wird das Problem einer gemeinsamen Sprache zwischen KünstlerIn und Publikum Aufgelöst, die KünstlerInnen werden hier zum co-creator, Miterschaffende von Bildern eines anderen Raums und einer anderen Gemeinschaftlichkeit. Vor einem Projekt können die KünstlerInnen keine Prognosen zu seinem Ausgang machen, meistens ist der Prozess aber so zu Rahmen:
“Wir versuchen die sozioökonomische Struktur eines Ortes zu verstehen. Wir reden mit AnwohnerInnen, stellen Fragen, laden Menschen zum Essen ein oder werden eingeladen.
Gemeinsam mit den Menschen, die an einem Ort leben, versuchen wir Wünsche zu formulieren und Ideen zu spinnen wie lokale Freiräume bespielt werden können. Gemeinsam versuchen wir diese Ideen umzusetzen. So entsteht ein Ort. Ein Projekt ist erfolgreich wenn wir als InitiatorInnen diese Prozesses irrelevant für das bestehen des Ortes werden.”

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